Feuchtedehnung

Aus Salzwiki
Version vom 9. November 2023, 20:12 Uhr von BSchrepp (Diskussion | Beiträge)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Autoren: BSchrepp
zurück zu Materialfeuchte

Einleitung

Unter Feuchtedehnung versteht man das hygrische und hydrische Dehnungs- und Schwindungsverhalten, das durch Feuchtigkeitsänderungen ausgelöst wird. Dabei bezieht sich die hydrische Dehnung auf den direkten Kontakt mit Wasser und die hygrische Dehnung auf den Kontakt mit Luftfeuchtigkeit im Bereich zwischen 0% und 95% relativer Luftfeuchtigkeit. Die Dehnungsänderungen durch die Luftfeuchtigkeit sind im Vergleich zu denen durch direkte Benetzung mit flüssigem Wasser bei Steinen geringer. Die Messung der Feuchtedehnung kann auch als Dilatationsmessung (Dilatation = Ausdehnung eines Körpers) bezeichnet werden. Die hydrische Dehnung ist meist auf das Quellen und Schwinden von Tonmineralien im Gestein zurückzuführen [Siegesmund.etal:2014]Titel: Physical and Mechanical Properties of Rocks
Autor / Verfasser: Siegesmund, S.; Dürrast, H.
Link zu Google Scholar
. Tone zeichnen sich zumeist durch ihre Fähigkeit aus, hohe Mengen an Wasser aufnehmen zu können (bis zu 100 Vol.-%), und dadurch große Volumenänderungen zu vollziehen. Außerdem ist die Feuchtedehnung von der Größe und der Verteilung der Poren abhängig. „Je höher der Anteil an Mikroporen, also je größer der Anteil an Feinporen, desto größer die hygrische Längenänderung und der Quelldruck.“ [Kocher:2004]Titel: Quelldruckmessungen und thermische Druckmessungen an ausgewählten Sandsteinen. Dissertation der Fakultät für Geowissenschaften der Ludwig-Maximilians-Universität München
Autor / Verfasser: Kocher, M.
Link zu Google Scholar

Relevanz des Kennwertes

Vor allem im Außenbereich unterliegen Steine einem „wiederholende[n] Quell- und Schwindvorgang. [Dieser] gilt mittlerweile als anerkannte Schadensursache für die zahlreichen Verwitterungserscheinungen.“ [Kocher:2004]Titel: Quelldruckmessungen und thermische Druckmessungen an ausgewählten Sandsteinen. Dissertation der Fakultät für Geowissenschaften der Ludwig-Maximilians-Universität München
Autor / Verfasser: Kocher, M.
Link zu Google Scholar
So kann es zu der Bildung von Craquelé an der Oberfläche bis zu tiefen Rissen und Abschalen kommen.

Abb. 1: Abb. 1: Schadensbilder durch Feuchtedehnung. Quelle: © Ruedrich, et al: Moisture expansion as a deterioration factor for sandstone used in buildings. Environmental Earth Sciences, Band 63, 2010, S. 1546.


a) Craquelé

b) Rissbildung/Bruch

c) Abschalen

d) Verwitterungsphänomene an Diskontinuitäten im Gestein [Ruedrich.etal:2010]Titel: Moisture expansion as a deterioration factor for sandstone used in buildings.
Autor / Verfasser: Ruedrich, J.; Bartelsen, T.; Dohrmann, R.; Siegesmund, S.
Link zu Google Scholar


Die Volumenänderungen sind außerdem wichtig für statische Berechnungen. Ein weiterer Anwendungsbereich ist der Bereich der Restaurierung, besonders in Bezug auf die Verträglichkeit zwischen Naturstein und Festigungsmittel. Die gefestigten Bereiche und die ungefestigten Bereiche können unterschiedlich auf das Eindringen von Feuchtigkeit reagieren, wodurch es zu einem Spannungsaufbau im Inneren kommen kann. Bei Ergänzungen ist ebenfalls das unterschiedliche Quell- und Schwindverhalten zu bedenken. Auch die Belastung durch Salze im Stein hat eine Auswirkung auf das hygrische und hydrische Dehnungsverhalten. Wenn Salze aus einer wässrigen Lösung auskristallisieren entsteht eine Dehnung im System des Gesteins, das Lösen der Salze führt dahingegen zu einer Kontraktion. Die Volumenänderung bei salzbelasteten Objekten verläuft so entgegengesetzt des Dehnungs- und Schwindungsverhalten bei Gesteinen ohne Salzbelastung [Kocher:2004]Titel: Quelldruckmessungen und thermische Druckmessungen an ausgewählten Sandsteinen. Dissertation der Fakultät für Geowissenschaften der Ludwig-Maximilians-Universität München
Autor / Verfasser: Kocher, M.
Link zu Google Scholar
.

Aufbau und Durchführung der Messung

Die im Folgenden beschriebene Vorgehensweise des Messaufbaus und der Messdurchführung entspricht der Norm DIN 5245011, die allerdings 2017 zurückgezogen wurde, ohne dass sie durch eine neue oder überarbeitete Version ersetzt wurde. Für die Messung wird das Schwindmessgerät des Typs C mit einer digitalen Messuhr verwendet, um Fehler beim Ablesen zu vermeiden. Der Vergleichskörper sollte idealerweise aus einem Material bestehen, dass nur geringfügig auf Temperaturänderungen und Schwankungen der Luftfeuchtigkeit reagiert (z.B. Vergleichskörper aus Normalstahl mit isolierender Holzummantelung) [TESTING:2020]Titel: Betriebsanleitung Schwindmessgeräte DIN 52450
Autor / Verfasser: Bluhm & Feuerherdt GmbH
Link zu Google Scholar
.

Durchführung der Messung

In der Versuchsreihe soll die Längenänderung der Probenkörper in Folge der Feuchtedehnung bestimmt werden. Dazu wird zuerst die absolute Länge der Probenkörper mit einem Messschieber bestimmt. Im Anschluss wird die erste Messung mit dem Schwindmessgerät durchgeführt. Dafür wird zuerst der Vergleichskörper eingespannt und anschließend der Drahtauslöser freigegeben. Danach kann das Messergebnis abgelesen werden. Ohne die Einstellung des Messgeräts zu verändern, werden daraufhin die Prüfkörper nach dem gleichen Vorgehen gemessen. Zu beachten ist hierbei, dass die Schichtungsorientierung (senkrecht/parallel zur Schichtung) einheitlich bleibt, da die Quellung horizontal und vertikal unterschiedlich ist. Im Anschluss werden die Prüfkörper kapillar mit Wasser getränkt (Tränkung ca. 1 Tag). Der Vergleichskörper wird wie in der letzten Messung beschrieben zuerst gemessen, und danach die kapillar getränkten Probekörper auf dieselbe Weise. Zur Ermittlung der Feuchtedehnung über einen längeren Zeitraum werden die Probekörper mehrere Tage unter Wasser gelagert, und die Längenänderungen wie in den vorherigen Messreihen bestimmt.

Kennwert und Kennwertberechnung

Der Kennwert der Feuchtedehnung bezieht sich auf die relative Längenänderung (εhy in [mm/m]), die nach einer festgelegten Zeit (hier nach einem und nach sechs Tagen) eingetreten ist.

Screenshot 2023-07-18 150412.png



Die beiden Zustände (vgl. Formel) sind definiert als der Ausgangszustand (Zustand 1) und der Zustand nach Veränderung der Versuchsbedingungen (Zustand 2). Die Prüfnormal beschreibt die Messwerte des Vergleichskörpers. Zuerst wird eine Differenz zwischen den Messwerten der Prüfnormal und den Messwerten des Probekörpers gebildet. Die Differenz dieser beiden Werte ergibt den absoluten Änderungsbetrag der Probenlänge zum Zeitpunkt der Messung, der in Millimetern angegeben wird. Zur Berechnung der relativen Längenänderung wird die absolute Längenänderung durch die mit dem Messschieber ermittelte Probenlänge, die ebenfalls in Millimetern angegeben ist, dividiert. Anschließend wird das Ergebnis mit der Bezugsgröße 1000 multipliziert, sodass die Einheit der Rechnung nun Millimeter pro Meter [mm/m] beträgt. Um einen Zusammenhang zwischen den Messergebnissen der kapillaren Tränkung und der Lagerung nach mehreren Tagen unter Wasser herzustellen, können die Ergebnisse tabellarisch und graphisch veranschaulicht werden.

Fazit

Zusammenfassend kann man sagen, dass die Feuchtedehnung einen großen Anteil an Schadensprozessen haben kann, und bei konservatorischen Fragestellungen beachtet werden muss. Eine große Rolle spielt dabei die Zusammensetzung des zu untersuchenden Materials. So unterlaufen tonhaltige Steine bei Wasseraufnahme eine größere Volumenänderung, als nicht tonhaltige Materialien. Zu beachten ist weiterhin, dass die Werte der hydrischen und hygrischen Dilatationsmessungen bei Laborbedingungen ermittelt werden, wobei auf gleichmäßige klimatische Bedingungen Rücksicht genommen wird. Bei Objekten und Gebäuden (meist im Außenbereich) spielen aber meist mehrere Dehnungs- und Schwindungsvorgänge (sowohl hygrisch/hydrisch aber auch thermisch) eine Rolle, ebenso wie das Vorhandensein von Salzen, wodurch das Schadenspotenzial vergrößert sein kann. So kann der Kennwert der Feuchtedehnung zwar nicht direkt auf Kulturgüter übertragen werden, bietet aber einen ersten Anhaltpunkt bei der Analyse von Schadensbildern.

Literatur

[Kocher:2004]Kocher, M. (2004): Quelldruckmessungen und thermische Druckmessungen an ausgewählten Sandsteinen. Dissertation der Fakultät für Geowissenschaften der Ludwig-Maximilians-Universität München, Dissertation, Ludwig-Maximilians-Universität München, Webadresse, https://doi.org/10.5282/edoc.3781Link zu Google Scholar
[Ruedrich.etal:2010]Ruedrich, J.; Bartelsen, T.; Dohrmann, R.; Siegesmund, S. (2010): Moisture expansion as a deterioration factor for sandstone used in buildings.. In: Environmental Earth Sciences, 63 (), 1545-1564, Webadresse, https://doi.org/10.1007/s12665-010-0767-0Link zu Google Scholar
[Siegesmund.etal:2014]Siegesmund, S.; Dürrast, H. (2014): Physical and Mechanical Properties of Rocks. In: Siegesmund, S.; Snethlage, R. (Hrsg.): Stone in Architecture, Properties, Durability, 97-224.Link zu Google Scholar
[TESTING:2020]Bluhm & Feuerherdt GmbH (2020): Betriebsanleitung Schwindmessgeräte DIN 52450, Betriebsanlage, 1-8, Webadresse.Link zu Google Scholar